Der weiße Blues – Die Geschichte des Blues
Der Blues ist die Musik der Segregation. Als diese spätestens in den 60er Jahren langsam verschwand, stand auch die Musikrichtung des Blues vor einem Neuanfang. In den 70er Jahren nahm seine Beliebtheit immer weiter zu, und das nicht nur in den Vereinigten Staaten sondern auch in großen Teilen Europas und Asiens, wie zum Beispiel in Japan. Angehende Rocker sahen den Blues als eine ganz andere und neue Inspiration an, es herrschte in Rockkreisen sogar die weit verbreitete Meinung, er sei die einzige Quelle des Rock, im Bereich des Jazz sah es ähnlich aus. Der Blues schien auf einmal das zu sein, worauf alle anderen Musikrichtungen basierten.
Ein weiteres Phänomen stellte sich besonders in den Jahren nach der Segregation heraus. Der Blues wurde immer weißer. War er doch ursprünglich die Musik der Schwarzen gewesen, so holten auch die farbigen Bluesbands immer mehr weiße Musiker in ihre Kreise, zum Beispiel Muddy Waters oder John Lee Hooker. So entwickelte sich langsam eine Bewegung an weißen Amerikanern und Europäern, die zur Stütze der Blues Musik wurden. Junge Schwarze wandten sich eher von dieser Art der Musik ab. Schon in den 80er Jahren und bis heute noch hören die Jugendlichen lieber Rap oder Hip Hop. Man wird nur in den seltensten Fällen gesagt bekommen, ein Teenager würde Blues hören.
Die kommerziellen Stützen des Blues wurden bald die Weißen und die Zahl der weißen Bluesmen nahm ebenfalls zu. Gerade an den Universitäten feierten Blues/ Rockmusiker riesige Erfolge, wie beispielsweise die Nighthawks oder George Thorogood an Washingtons Georgetown Universität oder die Fabulous Thunderbirds an der Universität von Austin und so wurde der Blues langsam zu der Musik für meist weiße, junge Intellektuelle. Die Universitäten sind heute fast die einzigen Orte, an denen junge schwarze Bluesmusiker noch Anerkennung finden, da ein schwarzer Blues Musikmarkt in der Mediengesellschaft kaum noch existiert. Es mangelt an der Unterstützung der Medien und an einem anhänglichen schwarzen Publikum. Zu diesen Musikern gehören Johnny Copeland, Lonnie Brooks, Koko Taylor, Robert Cray und Joe Louis Walker. Allein im Süden der Vereinigten Staaten erlebt der Soulblues mit Labeln wie Malaco, Ichiban oder La Jam eine Art Wiedergeburt.
Nicht nur das Publikum wird immer weißer, auch ein Großteil der Musiker, die heute im Bereich Blues im Geschäft sind, besteht aus weißen Künstlern, so wie John Nicholas, William Clarke, Jerry Portnoy, Paul Oscher, Lloyd Jones, Downchild, Curtis Salgado, Kim Wilson, Rod Piazza, Ron Levy, Duke Robillard, Angela Strehli, Marcia Ball, Stevie Ray Vaughan oder Jeff Healey. Dabei wird natürlich immer wieder die Frage aufgeworfen, wie viel dieser weiße Blues eigentlich noch mit den Ursprüngen zu tun hat, die ja zweifelsohne in der Geschichte der schwarzen Sklaven verwurzelt sind und deshalb mit der weißen Musik kaum etwas zu tun haben.
Der Form nach ist es noch der gleiche Blues, der auch Mitte des vergangenen Jahrhunderts von schwarzen Bands gespielt wurde, aber die tiefe emotionale Bedeutung der Wurzeln fehlen dem weißen Blues. Deshalb ist es nicht zu vermeiden, dass sich die Musikrichtung, wie wir sie heute meist zu hören bekommen, immer weiter von ihrer ursprünglichen Inspiration entfernt. Inzwischen wird der Blues meist im gleichen Atemzug wie Rock genannt. Der Blues als ethnische Musik kann von den weißen Musikern eben nicht mehr in der Art wiedergegeben werden, wie es bei ihren schwarzen Kollegen möglich war, da er so mehr wie eine Imitation oder Wiederholung klingt. Man nennt ihn auch heute noch Blues, doch Tatsache ist, dass er nicht mehr derselbe ist. Dabei ist es jedoch eine ganz natürliche Entwicklung, dass sich ein Musikstil immer weiter von seiner Quelle entfernt.
Noch immer gilt der Blues als die Wurzel der abendländischen Popmusik. Trotz Substanzverlust können verschiedene Strömungen und Innovationen noch immer auf genau diese Musikrichtung zurückgeführt werden. Repräsentiert wird der heutige Blues von Künstlern wie Rod Piazza, Honey Alexander, Ronnie Earl, Ron Levy, Duke Robillard, Steve Freund, Little Charlie, Rick Estrin und Stevie Ray Vaughan. Sie sehen sich als Verfechter einer Rückkehr zu den kulturellen Wurzeln der amerikanischen Musik wie Hillbilly, Rockabilly oder Rock and Roll. Durch sie wird einem bewusst, dass der Blues auch heute als weißer Blues noch immer von seiner Emotionalität lebt.
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