Die Geschichte des Chess Labels
Die bekannten amerikanischen Blueskünstler wurden Mitte des vergangenen Jahrhunderts von verschiedenen Plattenfirmen vertreten, zu denen unter anderem JOB, Tempo Tone, Marvel, Old Swingmaster und Miracle gehörten. Das bedeutendste Label von allen war jedoch die Marke Chess. Muddy Waters, Little Walter, Chuck Berry, Sonny Boy Williamson, Bo Diddley, Jimmy Rogers, Eddie Boyd, Howlin´ Wolf, Elmor James, Otis Rush, Buddy Guy und viele andere machten einen Großteil oder gleich all ihre wichtigsten Aufnahmen bei Chess, das besonders nach 1945 den Chicago Blues vertrat.
Gegründet wurde das erfolgreiche Blueslabel von den Brüdern Phil und Len Chess, zwei polnisch-jüdische Auswanderer, die 1937 nach Chicago kamen und dort in den Schnaps- und Spirituosenhandel einstiegen. Hier konnten sie sich eine Laden- und Lokalkette aufbauen, die bereits gegen Ende des Krieges erfolgreich im Geschäft war. Einige der Lokale lagen im schwarzen Viertel von Chicago, so zum Beispiel einer der lukrativsten Clubs, der Club Macomba. Hier traten in regelmäßigen Abständen Blues- und Jazzbands auf und so wurden die Chess Brüder auf diese Musikrichtung aufmerksam, die, wie sie bald bemerkten, nicht von den großen Musiklabels des Landes unterstützt wurde, da diese eher als zivilisiert geltende Stilrichtungen der Vorkriegszeit vorzogen.
Die Brüder sahen in diesem Fall eine große Marktlücke und gründeten eine eigene Plattenfirma, die sie Aristocrat nannten und in den Jahren 1947 und 1948 eine Anzahl an Künstlern aufnahmen, die gerade aus dem Süden gekommen waren und eine Musik spielten, die vom Stil her zwischen elektrischer Musik und dem Country Blues des Delta angesiedelt war. Nachdem aber auch einheimische Künstler wie Muddy Waters, begleitet von Big Crawford und dem Bassisten Memphis Slim, immer größere Erfolge verzeichneten, wurden auch sie mit in die Liste der Brüder Chess aufgenommen. Len Chess fuhr regelmäßig in den Süden der Staaten, um dort nicht nur die Platten seiner Bands anzupreisen sondern um außerdem nach neuen Talenten zu suchen.
1952 wurde Aristocrat in Chess und Checher umbenannt, später wurden noch Argo und Cadet hinzugefügt. Der Erfolg der Platten des Blueslabels ließ nicht lange auf sich warten und so hatten die Produkte des Labels schon 1954 die Hälfte der Hitparadenplätze des Rhythm and Blues besetzt und Chess als erfolgreiches Unternehmen etabliert. Die Chess Brüder machten ihre Künstler nicht nur zu Stars, sondern holten durch musikalischen Rat und Arrangements auch das Beste aus ihren Künstlern heraus, wobei dies nicht immer einfach war, da sich die Künstler oft divenhaft daneben benahmen und die Produzenten ein hohes Maß an Geduld und Aufmerksamkeit mit ins Studio bringen mussten.
Die Bedeutung der Chess Brüder im Bereich des Blues ist unumstritten. Sie setzten sich für die Entstehung und Verbreitung des Chicago Blues ein und waren deshalb unumstößlich auch für die weitere Entwicklung unserer zeitgenössischen Musik verantwortlich, wenn man betrachtet, welch starken Einfluss der Blues auch auf die Musik der sechziger Jahre und der darauffolgenden Jahrzehnte hatte. Chess verlegte außerdem nicht nur Bluesplatten sondern auch Tonträger mit Jazz, Gospel, Rock and Roll, Soul, Folk und Countrymusik. Seine besten Zeiten erlebte das Label zwischen Mitte der 40er und Mitte der 60er Jahre, danach ging es in künstlerischer und kommerzieller Hinsicht bergab. Die Ausmaße des Unternehmens waren den Brüdern über den Kopf gewachsen und nachdem Len aus der Firma ausgestiegen war, änderte sich viel, was sich in mittelmäßigen Alben ausdrückte. 1970 wurde das Label schließlich verkauft, doch nach einigen Jahren des Durcheinanders verwaltet heute MCA die Chess Platten der alten Zeiten.
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